Selbstversuch: Haare waschen mit Roggenmehl

Selbstversuch: Haare waschen mit Roggenmehl

17. September 2018 0 Von Jenni

Als mir das erste Mal eine Freundin erzählt hat, dass sie ihre Haare mit Roggenmehl wäscht, dachte ich mir: Was ist denn das für eine Verrückte? Aber natürlich konnte ich das nicht einfach so stehen lassen und musste dieser Sache genauer auf den Grund gehen. Also warum waschen sich Menschen die Haare mit Roggenmehl?

Ursprünglich wurde das Roggenmehlshampoo von der „NoPoo“-Fraktion genutzt, die dafür plädiert, die Haare nur noch mit Wasser statt Seife zu waschen. Im Prinzip funktioniert das auch, jedoch brauchte man für die (lange) Übergangs- bzw. Entwöhnungsphase eine kleine Hilfe, denn durch die heutigen Zusätze in Shampoo und Co. fetten die Haare schnell nach und sowohl Haar und Kopfhaut gewöhnen sich schnell daran. Hier hat sich das Roggenmehlshampoo als gutes und günstiges Hausmittel bewährt. Wer seine/ihre Haare von den chemischen Helferlein (Silikone etc.) entwöhnen möchte, kann das damit wunderbar tun. Ein weiterer Gedanke ist natürlich auch der ökologische: Weniger (Mikro-)Plastik und keine Chemikalien. Und letztlich wäre da auch noch die Frage nach den Strategien der Kosmetikindustrie und ob wir all diese Produkte, die in unserem Bad stehen, tatsächlich benötigen.

Das fand ich sehr interessant und musste es natürlich gleich ausprobieren. Hier könnt ihr über meinen Selbstversuch lesen: 3 Monate Haare waschen mit Roggenmehl.

Wie funktioniert es?

Roggenmehl ist arm an Gluten, das quasi ein Superkleber für Backwaren ist. Deswegen ist es das einzig geeignete Mehl zum Haarewaschen. Wird es mit Wasser gemischt, löst sich die Stärke aus dem Mehl. Stärke wiederum ist ein super Mittel um Fett zu binden und so aus den Haaren zu entfernen. Darüber hinausbeinhaltet Roggenmehl sehr viele Nährstoffe für das Haar, die auch in herkömmlichen Shampoos zu finden sind (Vitamin E, Aminosäuren, B-Vitamine und wichtige Mineralien). Auch die Haut kann damit gut gereinigt werden und es liefert gleichzeitig noch ein sanftes Peeling.

Was ihr braucht:

3-4 Esslöffel Roggenmehl und lauwarmes Wasser. Mit kaltem Wasser funktioniert es nicht. Gebt das Wasser nach und nach bei und verrührt das Ganze mit einem Schneebesen, bis die Konsistenz wie Gel oder wie flüssiger Schleim ist. Kleine Klümpchen machen nicht so viel aus, dennoch könnt ihr ruhig ordentlich weiter rühren. Falls ihr unsicher seid, sollte die Konsistenz lieber etwas flüssiger sein, als zu fest. Wenn ihr Vollkornroggenmehl verwendet, solltet ihr es ca.10 Minuten stehen lassen, damit sich die Stärke entfalten kann. Bei normalem Mehl reichen auch 3-5 Minuten.

Wie es geht:

Danach tragt ihr die Masse auf das nasse Haar auf und verteilt es gut, vor allen am Ansatz. Meist reicht es auch, es nur auf den Ansatz aufzutragen und die Spitzen beim Ausspülen quasi mitzusäubern. Beim Auswaschen am besten lauwarmes Wasser und einen mittelharten Strahl einstellen. Wenn möglich solltet ihr mit den unteren Lagen anfangen und euch nach oben arbeiten. Die Ohren nicht vergessen, da sich dort gerne Reste sammeln.

Dann könnt ihr regulär fönen oder lufttrocknen, wie bei der ganz normalen Haarwäsche.

 

Meine Erfahrungen und mein Fazit:

Ich habe letzten Sommer 3 Monate den Selbstversuch gemacht und war zunächst sehr begeistert. Es hat wunderbar funktioniert und meine Haare haben sich um Einiges voluminöser angefühlt. Da Roggenmehl einen sehr leichten Film auf den Haaren hinterlässt, haben sie sich zwar ein wenig fettig angefühlt, aber kein bisschen so ausgesehen. Gegen das Fettgefühl helfen hin und wieder Apfelessigspülungen (Saure Rinse). Ich hab das damals aber nicht gemacht und das war auch kein Problem.

Heute wende ich das Roggenmehrshampoo nur hin und wieder an. Denn mir ist aufgefallen, dass während des Versuchs mit dem Roggenmehl, welches schwerer auszuspülen ist als Shampoo, mein Wasserverbrauch deutlich zugenommen hat beim Duschen. Es dauert bei meinen dünnen Haaren einfach ziemlich lange, bis ich alles ausgespült bekomme. Generell ist der Zeitaufwand höher als beim Fertigshampoo, das ist klar. Heute verwende ich es zum Beispiel, wenn ich baden gehe und meine Haare in der Wanne vorausspülen kann. Dann dauert das Ausspülen nicht so lange. Zudem benutze ich es auch als Duschzeug. Es reinigt wunderbar die Haut und entfernt Schweiß und Dreck.

Ich selbst benutze seit dem Selbstversuch Shampoos und Duschzeug mit deutlich weniger künstlichen Aromen und Zusatzstoffen. Ich bin über den Versuch meinem eigenen Körpergeruch irgendwie näher gekommen und mag neuerdings nicht mehr so gerne extrem blumige Duschmittel, Cremes, Deos oder generell künstliche Gerüche.

Bis auf den Wasserverbrauch ist Roggenmehl eine super Alternative zu Shampoo und Duschzeug. Die Frage der Nachhaltigkeit ist, finde ich, schwer zu beantworten wegen des Getreide- und des Wasserverbrauchs. Es scheint mir keine langfristige Lösung für die ganze Menschheit. Jedoch hilft es sehr gut beim Entwöhnen und Reduzieren. Zuletzt spart man natürlich eine Menge Plastik ein. Meine Empfehlung ist also definitiv es mal auszuprobieren und vielleicht auch gelegentlich als Kur oder Duschzeug zu benutzen.

Abwandlungen für Gelangweilte:

Mittlerweile bin ich relativ routiniert und probiere ein wenig rum. Eine Abwandlung des Ganzen ist zum Beispiel Lavaerde unter das Roggenmehl zu mischen, was den reinigenden Effekt verstärkt. Da Lavaerde jedoch einen basischeren pH-Wert hat, sollte hier regelmäßig auch eine saure Rinse erfolgen. Auch mische ich gerne etwas Kaffeesatz zu. Das soll die Kopfhaut anregen und für die Haut in Gesicht und am Körper ist der Kaffee ein mildes Peeling, das nicht kratzt.

Außerdem kann man die Roggenmehlmischung auch eine Weile stehen lassen. Beispielsweise eine Stunde, höchstens über Nacht. (Wenn ihr es länger stehen lasst, bekommt ihr Sauerteig!) Dabei entfalten sich vor allem die Nährstoffe besser, was beispielsweise für eine Haarkur sinnvoll sein kann. Wichtig dabei ist: Je länger die Mischung steht, desto eher geht die reinigende Wirkung (durch die Stärke) verloren, die pflegende nimmt aber zu.

PH-Wert, Neurodermitis, Babys und Histamin

Roggenmehl hat mit 5,5 einen pH-Wert, der der Haut sehr nahe kommt. Im Prinzip sollte die Roggenmehlwäsche sowohl für Neurodermitisleidende, als auch für Baby-Haut geeignet sein. Jedoch habe ich hierzu leider keine Erfahrungen im Internet gefunden, auch wenn das auf diversen Websites angepriesen wird. Falls jemand damit Erfahrungen hat, würde ich mich über einen Link oder Kommentar freuen. Ich halte es jedoch auch für wichtig zu erwähnen, dass Roggenmehl relativ viel Histamin enthält und bei Histaminintoleranz vermutlich gemieden werden sollte. Da die Haut eines unserer größten Organe ist und Nähr- und Giftstoffe darüber sowohl ausgeschieden als auch aufgenommen werden, will ich nicht ausschließen, dass ein häufiger Gebrauch hier nicht unbedenklich ist. Ich lasse mich aber auch gerne korrigieren.

 

Und nun wünsche ich euch viel Spaß beim Ausprobieren!