Die Grüne Lüge – Eine Dokumentation über Greenwashing

Die Grüne Lüge – Eine Dokumentation über Greenwashing

14. März 2020 0 Von Jenni

Die grüne Lüge habe ich schon gesehen, als der Dokumentarfilm zum Thema Greenwashing vor bald zwei Jahren in die Kinos kam. Jetzt habe ich es endlich geschafft eine kleine Rezension zu schreiben. Denn das Thema ist und bleibt hochbrisant und sollte unbedingt mehr Aufmerksamkeit erfahren.

Worum geht es bei Greenwashing genau?

Greenwashing beschreibt eine Strategie, die den Verbraucher*Innen – oder Konsument*Innen – vorgaukelt Produkte oder gar Unternehmen seien nachhaltig, klimafreundlich oder eben grün, obwohl sich hinter der vermeintlich grünen Fassade eine schmutzige, unsoziale und nicht-nachhaltige Wahrheit verbirgt.

Filmplakat Die grüne Lüge, © Little Dream Pictures GmbH

© Little Dream Pictures GmbH

Um das genauer verdeutlichen zu können, nehmen Werner Boote und Kathrin Hartmann die Zuschauer*Innen mit auf eine Reise um die Welt, in die Produktion und die Trends der Lebensmittel-, Güter- und Rohstoffindustrie. Dabei spielt Werner Boote die uninformierte, fragende, naive Seite (obwohl er es natürlich besser weiß), wohingegen Kathrin Hartmann die Rolle der „Spielverderberin“, aber eben auch Aufklärerin, übernimmt.

In verschiedenen Stationen zeigen sie auf, wie unser Konsum (insbesondere in der westlichen Welt) zur Zerstörung des Planeten und von sozialen Strukturen führt. Und das für Produkte, die wir nicht mal wirklich brauchen und ggf. sogar schnell wieder in den Müll werfen.

Die Sache mit dem Palmöl

Es ist mittlerweile in so gut wie allen Fertigprodukten im Lebensmittelbereich enthalten. Dafür werden immer wieder große Areale im indonesischen Regenwald brandgerodet. Dabei sterben sehr viele Tiere und Pflanzen. Danach werden wie wild Ölpalmen gepflanzt und stark mit heftigen Pestiziden und Herbiziden eingesprüht, die dafür sorgen, dass dort nichts anderes mehr wächst. Auf Dauer geht der Boden völlig kaputt, da er vollkommen ausgelaugt und alles Lebendige abgetötet wird. Das Irre daran ist, dass wir das Öl eigentlich nicht mal unbedingt brauchen. Es ist einfach nur billiger in der Produktion als die (umweltfreundlicheren) Alternativen (Fragen und Antworten zu Palmöl: klick).

Nun gibt es einige Zertifikate, die nachhaltigen Palmölanbau versprechen. Aber, so sagt Kathrin Hartmann zu Recht: „Es gibt kein nachhaltiges Palmöl!“ Es muss immer Regenwald gerodet werden. Palmöl wächst nunmal eben nur da, wo vorher Regenwald war. Die Firmen werden nicht regelmäßig oder sicher überprüft. Oder sie sitzen selbst in den Siegel-Gremien. Also gibt es keinen Nachweis für biologischen, monokulturfreien, oder sozial verträglichen Anbau. Zumal die Grundstücke häufig den einheimischen Grundbesitzern weggenommen oder „versehentlich“ verbrannt werden. Fazit ist und bleibt: Es gibt kein nachhaltiges Palmöl.

 

Grüne Lügen und Verantwortung

Und so geht es weiter. Werner Boote findet ein Produkt gut und Kathrin Hartmann verdirbt es ihm. Sie rechnet ab mit Unilever, BP, RWE, Coca-Cola, Nestlé, Tesla bzw. der Elektromobilität, „grünen“ oder „nachhaltigen“ Siegeln und Zertifikaten, aber vor allem mit den Marketingstrategien, die die Konzerne fahren.

Nämlich, dass die Verantwortung, die die Konzerne nicht übernehmen,von diesen auf die Konsument*Innen und Verbraucher*Innen abgeladen wird. Wir werden mit Informationen bombardiert und sollen daraus das beste, nachhaltigste und fairste Produkt kaufen. Und damit sollen wir am besten auch noch in Konkurrenz zueinander treten.

Die grüne Lüge wirft zurecht Fragen auf: Warum gibt es diese Produkte überhaupt? Warum gibt es keine einheitlichen globalen Regeln für Nachhaltigkeit? Wo liegt die Rolle der Politik?

„Damit wir nicht auf die Idee kommen, dass es diese Art von Produkten garnicht mehr geben darf sprechen alle Konzerne von Nachhaltigkeit […] und unsere Regierungen schauen zu.“

In all dem kapitalistischen Schrecken und Elend finden die Beiden aber auch Menschen, die sich engagieren und mal mehr, mal weniger erfolgreich gegen die Global Player vorgehen. Mit dabei sind u.a. zum Beispiel Raj Patel (Uniprofessor Texas) und der bekannte Autor und Aktivist Noam Chomsky. Sie liefern Beispiele dafür wie genau die großen Unternehmen vorgehen und wie wir als Verbraucher*innen darauf reagieren können. Oder auch, wie es indigene Völker geschafft haben ihr Land zurückzuerobern. Und wie wir nach und nach dieses System durchschauen und hinterfragen und uns wehren können. Dabei wird deutlich: Es muss etwas geschehen! Und dafür bedarf es viel Durchhaltevermögen und Kraft.

„In der Kathedrale des Schrotts wird mir bewusst, dass unser System ein Trümmerhaufen ist. Wir alle stecken da mittendrin und sind mit dem Kauf von Produkten Teil der Zerstörung.“

Mein Fazit

Die Dokumentation streift letztlich nur einen minimalen Bruchteil des massiven Ausmaßes an Greenwashing und den dahinterliegenden Umweltsünden. Wer sich mit dem Thema befassen möchte, findet in dieser Doku einen sehr guten Einstieg in das Thema. Ich kannte die meisten der Unternehmen und Probleme bzw. Strategien schon, insbesondere weil ich auch zwei Vorläufer-Bücher von Kathrin Hartmann (Ende der Märchenstunde, Aus kontrolliertem Raubbau) gelesen hatte. Aber die passenden Bilder dazu zu bekommen, oder auch die lächerlichen Interviews, leeren Versprechungen und Reden über Nachhaltigkeit von Konzernen wie Nestlé, BP oder RWE  zu sehen, hat mich aufs Neue berührt.

Die Dokumentation kommt mit vergleichsweise wenig Theatralik – wie man es aus vielen amerikanischen Dokus kennt – aus. Hin und wieder kommt sie auch hier ein wenig durch, das untergräbt jedoch nicht den informativen  und aufklärerischen Charakter des Films.

Alles in allem empfehle ich Die grüne Lüge mit bestem Gewissen. Wer mehr erfahren möchte über die Tücken unseres Konsumverhaltens, die Tricks der großen Konzerne und die Schwächen unseres Systems, aber auch über Möglichkeiten sich einzubringen und gegenzusteuern, der ist mit der Dokumentation bestens bedient.

 

Trailer

Filmtrailer Die grüne Lüge © Little Dream Pictures GmbH

 

Filminformationen

Regie: Werner Boote
Drehkonzept: Werner Boote & Kathrin Hartmann
Dokumentarfilm
90 min.
Österreich, 2018

 

Weiteführende Links

Die grüne Lüge online anschauen / Wer streamt es
Wunderbares Interview zum Buch/Film mit Kathrin Hartmann bei SR2 – Fragen an den Autor
Offizielle Website zum Film
Offizielle Website von Werner Boote
Verlagsseite von Kathrin Hartmann
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